Sehr lange lassen sich Geschichten von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren, die sich in der Gegenwart vor Ort mit ihrer Schuld konfrontieren, nicht mehr als Gegenwartskino erzählen. Nick Baker-Monteys' » Leanders letzte Reise« setzt seine Handlung mit Bedacht im Jahr 2013 an. Und Jürgen Prochnow, der mit seinen 71 Jahren wie jüngst in »« bewiesen noch eine geradezu jungenhafte Rüstigkeit ausstrahlt, muss sich Mühe geben als 91-jähriger, buckliger Alter durchzukommen. Mit Geburtsjahr 1922 ist seine Figur gerade noch alt genug für die Wehrmachtskarriere, die ihm das Drehbuch andichtet. Eduard Leander, so erfahren seine Tochter Uli (Suzanne von Borsody) und seine Enkelin Adele (Petra Schmidt-Schaller) im Lauf des Films, hat im Zweiten Weltkrieg an der Seite einer Kosakendivision in der Ukraine gekämpft. ![]() ![]() Leanders Letzte Reise KölnUnd als seine Ehefrau zu Beginn des Films das Zeitliche segnet, brüskiert er nach der Beerdigung die Verwandten mit »Der Leichenschmaus fällt aus!« und macht sich stracks zum Bahnhof auf, um in die Ukraine zu fahren, zu einer Frau, die er dort vor siebzig Jahren zurückgelassen hat. Die Tochter erzählt der Enkelin unterdessen, dass sich ihr Opa und ihre Oma nie geliebt hätten. © Tobis Film Krude und improvisiert wirkt » Leanders letzte Reise« von den ersten Szenen an. Jürgen ProchnowZugleich ahnt man als Zuschauer, dass alles an dieser Geschichte mit doppelter Bedeutung, mit schuldhafter Verstrickung und geheim gehaltener Familiengeschichte aufgeladen ist. Die Kombination irritiert, aber aus ihr entsteht auch eine Spannung, die den Film angenehm anders macht als die Aufarbeitungsdramen, die man sonst so kennt. Das Thema vom deutschen Wehrmachtssoldaten, der an der Ostfront die hässliche Seite der Nazikriegsführung mitgestaltet hat, kontrastiert Baker-Monteys mit den Vorgängen in der sich 2013 im Aufstand befindenden Ukraine. Schon im Zug nach Kiew, aus dem Adele ihren Großvater erst noch herausholen will, bevor sie sich spontan entschließt, ihn zu begleiten, setzt sich mit Lew (Tambet Tuisk) ein russisch sprechender Ukrainer zu ihnen, der die nationale Spaltung seines Landes nicht mitmachen will. Später wird das kleine Grüppchen auch noch Lews Bruder begegnen, der auf der Seite der russischen Separatisten kämpft. Wo Leander seine verflossene Liebe sucht, wird Adele eine neue finden, aber dank des provisorischen Charakters der Erzählung fügen sich die einzelnen Handlungsstränge nie zu einer durchgängigen Moral. Der Vergleich von damals und heute, von den komplizierten Verhältnissen des Zweiten Weltkriegs zwischen Deutschen, Kosaken und Sowjets zu den heutigen, ebenfalls komplexen zwischen Europa, der Ukraine und Russland, geht an keiner Stelle richtig auf, aber es ist auch gut so. Jürgen Prochnow, einst Deutschlands schauspielerischer Vorzeige-Kino-Export („“, „“), denkt noch lange nicht an den Ruhestand und ist in den vergangenen Jahren aktiv wie lange nicht mehr. Nach Auftritten in Atom Egoyans „“, in der Videospielverfilmung „“ und in dem Thriller-Drama „“ spielte der 1941 in Berlin geborene Star Anfang 2017 in Robert Thalheims Ost-West-Komödie „“ einen knorrigen alten Geheimdienstrecken - eine Rolle, die ihm wie auf den Leib geschneidert war. Ein ganz anderes Register zeigt der erfahrene Darsteller nun im Vergangenheitsbewältigungs- und Familiendrama „ Leanders letzte Reise“ von Regisseur Nick Baker-Monteys („Der Mann, der über Autos sprang“). Prochnow schlüpft in die Haut des 92-jährigen Titelhelden, der auf dem Weg von Deutschland in die ehemalige Sowjetunion auch einen Trip in seine eigene Vergangenheit unternimmt. Leanders letzte Reise ein Film von Nick Baker-Monteys mit Jürgen Prochnow, Petra Schmidt-Schaller. Inhaltsangabe: Eine letzte Reise will der 92-jährige Eduard Leander (Jürgen Prochnow) noch unternehmen, dessen Frau soeben gestorben ist: Alleine macht er sich auf den Weg nach Kiew, wo der ehema. Der ambitionierte erzählerische Brückenschlag vom Zweiten Weltkrieg hin zur krisengeschüttelten (Fast-)Gegenwart des Ukraine-Konflikts gelingt allerdings nur teilweise überzeugend. Ukraine 2014: Ein Auto fährt durch eine leere verregnete Landstraße mit Schlaglöchern. Ein schnauzbärtiger Mann sitzt am Steuer, auf dem Beifahrersitz sieht man eine verheulte Frau, quer über den Rücksitz liegt Eduard Leander (Jürgen Prochnow). Vielleicht schläft er, vielleicht ist er aber auch tot. Etwa zehn Tage zuvor: Hilde, die Frau des 92-jährigen Eduard, ereilt ein sanfter Tod vor der Flimmerkiste. Nach der Beerdigung („Der Leichenschmaus fällt aus, ihr könnt nach Hause gehen!“) zieht es den Witwer in Richtung Ukraine, wo er einst als Wehrmachtsoffizier mit einem Kosaken-Korps gegen die Rote Armee kämpfte. Eduards Tochter Ulrike (Suzanne von Borsody, „Hannas Reise“, „Lola rennt“) schickt die Enkelin Adele (Petra Schmidt-Schaller, „Stereo“, „Sommer in Orange“), um den betagten Herrn aufzuhalten.
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April 2019
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